Rosh haSchanah und Jom Kippur

Rosh haSchanah (jüdisches Neujahr)

Rosh haSchanah (das Jahr 5768) beginnt am Abend des 12.09.2007
und Jom Kippur bei Sonnenuntergang am 21.09.2007)

Rosh haSchanah (das Jahr 5769) beginnt am Abend des 29.08.2008
und Jom Kippur bei Sonnenuntergang am 08.10.2009)
Rosh haSchanah (das Jahr 5770) beginnt am Abend des 18.09.2009
und Jom Kippur bei Sonnenuntergang am 27.09.2009)

LeShanah towah tikhathewu vetihathmu!
Seien wir alle für das Neue Jahr zum Guten eingeschrieben - zum Leben!

Rosch Ha-Schana ist der 1. Tischri (später September/früher Oktober), der erste Tag des jüdischen Jahres, der Tag der Weltschöpfung ("Im Anfang erschuf Gott die Himmel und die Erde.") nach der Mischna (zentrales Werk der jüd. mündl. Überlieferung). Ab diesem Tag beginnt die Berechnung von Kalenderjahren. Da der jüdische Kalender mit Mondmonaten von 29 bis 30 Tagen rechnet und alle paar Jahre einen Schaltmonat einfügt, wechselt das genaue Datum nach westlichem Kalender von Jahr zu Jahr (siehe nähere Erläuterung zum Zeitpunkt weiter unten). Rosch Ha-Schana wird von orthodoxen und konservativen Juden überall - auch in Israel - zwei Tage lang gehalten; viele Reformjuden halten Rosch Ha-Schana nur einen Tag lang. Rosch Ha-Schana wird in der Thora und im Gebetbuch "Tag des Gedenkens" (Jom Ha-Sikaron) und "Tag des Posaunenhalls" (Jom Teruah) genannt. Mit diesem Tag beginnt die zehntägige Periode der Selbstbesinnung und Reue (auch die zehn "Furchtbaren Tage", hebr. "Yamim Noraim" genannt, auch die zehn "Erhabenen Tage"), die im Jom Kippur, dem Versöhnungstag, den Höhepunkt haben.

"Hier und im Kiddusch wird das Fest als Jom Hasikarom, als Tag des Gedenkens, geheiligt. Es ist das Gedenken im äußersten Sinn, die Besinnung auf Gott und uns selbst, die große Rechenschaft, die an diesem Abend beginnt. Rosch Ha-Schana heißt wörtlich "Haupt des Jahres"; am Rosch Ha-Schana ist die Welt erschaffen worden und jedes Jahr wird sie in den Menschen wiedererschaffen, indem ihre Seelen in Umkehr und Rechenschaft, in Gericht und Gnade sich erneuern. Man trägt nichts Buntes an diesen Tagen, und im Gotteshaus herrscht die weiße Farbe vor. Der Vorhang der Lade ist weiß, meist mit goldenen Buchstaben bestickt, die Decken auf Pult und Kanzel sind weiß, und weiß ist der Kittel des Vorbeters, das Sterbekleid, das er schon am Rosch Ha-Schana trägt. In allen Dingen kommt die Macht und Größe dieser Tage zum Ausdruck. Während man sonst die Schmone Esre [Amida] kaum zu flüstern wagt, weil, wie es in der Kabbala heißt, sonst nur die gebetsempfangenden Engel sie hören dürfen, spricht man sie am Rosch Ha-Schana fast laut und dringlich, wie wenn nun nichts Fremdes sie hören und stören, jeder Laut und Gedanke sie und ihre Bitten nur mitbeten und verstärken könnte. [Hirsch, S. 148]
Der Neujahrswunsch "Guter Rutsch!" ist eine deutschsprachige Verballhornung und hat mit Rutschen nichts zu tun. Aus dem jiddischen Gruß "Gut Rosch" (Rosch = Kopf, Anfang; also etwa: "Gutes Neujahr") wurde schließlich der deutsche Neujahrswunsch "Guter Rutsch".

Religiöse Bräuche
"Im siebenten Monat, am ersten Monatstag sei für euch ein besonders feierlicher Ruhetag, mahnendes Hörnerblasen und heilige Versammlung. Da dürft ihr keinerlei Sklavenarbeit tun und müßt dem Herrn ein Feueropfer darbringen." [Leviticus 23, 24 - 25]

Rosch ha-Schanah und Jom Kippur sind durch das Blasen des Schofars gekennzeichnet. Ein Schofar ist ein Blasinstrument aus Widderhorn, das bei aschkenasischen Juden kein Mundstück hat, bei sephardischen Juden jedoch mit einem einfachen Mundstück ausgestattet ist. Am Nachmittag des ersten Tages gibt es den Brauch, Sünden symbolisch durch Werfen von Steinen oder Brotkrumen ins Wasser abzustreifen. Rund um das jüdische Neujahrsfest gibt es eine Reihe von Sitten. So ist es in einem orthodoxen jüdischen Haushalt beispielsweise üblich, an diesem Tag eine Frucht der neuen Saison zu servieren, die von keinem Familienmitglied bis dahin gegessen wurde. In der Thora wird dieser Tag auch Tag des Schofars genannt.

"Denn die jüdische Vorstellung geht davon aus, daß an den 'erhabenen Tagen' vom 1. bis zum 10. Tischri das göttliche Gericht über uns tagt: Auf dem Richtertisch vor Gottes Thron wird das Buch des Lebens aufgeschlagen, worin das Schicksal jedes Menschen für das beginnende Jahr eingetragen wird. An den zehn Tagen des Gerichts 'zittern selbst die Fische im Wasser'. Am Versöhnungstag wird dann die Entscheidung getroffen, das Buch verschlossen und versiegelt. Zu Haus nach dem Kiddusch nimmt der Hausherr einen süßen Apfel, macht die Beracha [Lobspruch] darüber, ißt und gibt auch den anderen davon. Darauf ißt man ein weiteres Stück Apfel, das zuvor in Honig getunkt ist, und bittet Gott, es möge ihm wohlgefallen, uns ein gutes und süßes Jahr zu bescheren. Und mit der Bedeutung, die man dem Wort Rosch Ha-Schana, Jahres-Haupt, beimißt, verbindet sich auch der Brauch, am ersten Abend vom Kopf eines Fisches oder Hammels zu essen; es möge Gott wohlgefallen, daß uns ein Anfang - Rosch - kein Ende sei. Am zweiten Abend ißt man von Früchten, die man in diesem Sommer noch nicht genossen hat, um die Beracha über alles Neue noch einmal sprechen zu können. Denn alles Neue ziemt uns mit dem neuen Jahr, das man auch im Kiddusch schon mit dem gleichen Segen geweiht hat."

"Weihe, Glück, Ehrfurcht, Furcht und Hingabe an das Überwältigende, dies alles enthält die Rosch Ha-Schana-Stimmung; wie 'um das Glück nicht zu verschlafen' und zugleich auch, um selbst im Traum keine Sünde zu begehen, bleiben viele Fromme die erste Nacht des neuen Jahres wach. Am Morgen aber beginnt ein Gottesdienst von solcher Wucht und Fülle der Gebete, von solcher Großartigkeit und Vielgestalt religiöser Vorstellungen, wie er nur den Tagen äußerster Not und Selbsteinsetzung vorbehalten sein kann, und den Höhepunkt bildet das Schofarblasen."
Am Rosch Ha-Schana hat jedes, auch das alltägliche Gebet, auch die Thoravorlesung einen besonderen, dringenden, ernsten, flehenden Rhythmus und eigentümlichen Klang. Dazu kommen schon vor dem Mussafgebet [Gebet nach der Thoralesung] die Schofarrufe, die großartigen Gesänge des Vorbeters, die immer ernsteren Gebete der Gemeinde, der Wechsel der Melodien, aus der Mollstimmung zu Schacharit in den Dur-Charakter zu Mussaf, der Wechsel zwischen Gemeinde- und Chasangebet [Kantor-Gebet], die kunstreiche und mit der Monotonie der immer wieder wiederholten Refrains immer tiefer hinreißende Art der Buß- und Bittgesänge.

Speisen

Statthalter Nehemia ordnete in der Vergangenheit an: "Geht hin und eßt fette Speisen und trinkt süße Getränke und schickt denen Anteile, für die nichts zubereitet ist; denn dieser Tag ist unserem Herrn geweiht. Werdet darum nicht traurig; denn die Freude am Herrn ist euer Hort." [Nehemia 8, 9 - 10]

So begeht man diesen Tag im Familien- und Freundeskreis an einem reich gedeckten Tisch in der Hoffnung auf ein gutes Jahr. Die Neujahrschalla ist rund, damit alles gelingen möge und es an nichts fehlt. Oft wird sie mit Leitern oder Vögelchen aus Teig verziert, damit die Gebete zu Gott in den Himmel aufsteigen mögen.
Die Mahlzeiten an Rosch ha-Schana enthalten oft Früchte und Honig, um ein "süßes neues Jahr" zu symbolisieren. Daher darf auf dem Tisch auch ein Schüsselchen mit Honig nicht fehlen, da an diesem Abend die Challa nicht wie üblich in Salz getaucht wird. Nach dem Genuß der Challa taucht man auch ein Stückchen süßen Apfel in den Honig und betet dabei um ein gutes und süßes Jahr. Die beliebteste Nachspeise sind am Neujahrsfest Honigkuchen. [Lekach]
Oft wird auch eine süße Speise aus Möhren, Zimmes, gereicht, unter anderem auch deshalb weil Möhren auf jiddisch Meren heißen, was auch wachsen, zunehmen (mehren) bedeutet. So versinnbildlichen die Zimmes den Wunsch, unsere Vorzüge und Verdienste mögen im kommenden Jahr unsere Mängel überwiegen.
Von Sünden hat man sich beharrlich fernzuhalten, deshalb ißt man zu Neujahr keine Nüsse. Das hebräische Wort für Nuß, Egos, hat nämlich denselben numerischen Wert wie das Wort Chet, Sünde." [Dolezalová, S. 62]

Zeitpunkt

Rosch ha-Schana beginnt im Herbst, am Tagesende zwischen dem 29. Tag des jüdischen Monats Elul. Das Fest dauert zwei Tage bis zum Tagesende des zweiten Tages des Monats Tischri (sogar in Israel, wo ansonsten die meisten Feiertage nur einen Tag lang sind). Der zweite Tag wurde später hinzugefügt. Es gibt Hinweise darauf, dass Rosch ha-Schanah bis ins 13. Jahrhundert in Jerusalem nur einen Tag lang gefeiert wurde. Das Reformjudentum, der liberalste Teil des Judentums, feiert generell nur den ersten Tag des Festes. Orthodoxes und konservatives Judentum beachten sowohl den ersten wie den zweiten Tag. Rosch ha-Schana findet 162 Tage nach dem ersten Tag des Pessachfestes statt. Unter dem derzeit gültigen gregorianischen Kalender kann das jüdische Neujahrsfest nicht vor dem 5. September stattfinden, wie z. B. in den Jahren 1899 und wieder 2013. Nach dem Jahr 2089 werden die Differenzen zwischen jüdischem Kalender und dem Gregorianischen Kalender dazu führen, daß Rosch ha-Schana nicht vor dem 6. September liegen kann. Das Fest kann nicht später als am 5. Oktober liegen, wie z. B. im Jahr 1967 und wieder im Jahr 2043. Der jüdische Kalender ist so aufgebaut, daß der erste Tag von Rosch ha-Schanah niemals auf einen Mittwoch, Freitag oder Sonntag fällt.

Jom Kippur (Versöhnungsfest)
(2005: beginnt am Abend des 12.10. und endet bei Sonnenuntergang am 13.10.)

Jom Kippur ist der jüdische Versöhnungstag und gleichzeitig der wichtigste und heiligste Festtag im Judentum. Im jüdischen Kalender beginnt der Versöhnungstag bei Sonnenuntergang vor dem 10. Tischri (d.h. September/Oktober), und dauert bis zum nächsten Sonnenuntergang. Der Versönungstag ist der Abschluss der zehn Tage der Reue und Umkehr, die am Neujahrstag Rosh ha-Schanah begannen. Zwar ist reuevolles Gebet zu allen Zeiten möglich, gilt aber an diesem Tag als besonders wirkungsvoll. Im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung ist Jom Kippur kein trauriger Tag. Sephardische Juden bezeichnen diesen Festtag als "weißen Fasttag". Viele Juden pflegen sich an diesem Tag weiß zu kleiden, als Symbol der Reinheit von Sünden.
Der Tag vor Jom Kippur "Erew Jom Kippur" (Erew heißt Abend), der Vortag des Versöhnungsfestes, ist beinahe selbst ein Fest. Man darf an diesem Tage nicht fasten, und selbst wer ein Gelübde getan hat, nicht einmal an einem Feiertag Fleisch zu essen, soll es am Erew Jom Kippur dennoch ignorieren. Man spricht kein Tachanun [Bußgebet] am Morgen, man ißt kein Ei, man vermeidet jedes Zeichen von Trauer, man bereitet sich wie zu einer äußersten Entscheidung. Man bringt eine Art Sühnopfer (Kappara): Ein lebendiges Huhn, das man sich dreimal ums Haupt schwingt, soll gleichsam die menschliche Schuld übernehmen. Nach der Zeremonie wird das Tier geschlachtet. Dieser Brauch (kein Gebot!) wird in den Schriften des Geonim nicht im Talmud erwähnt und nur von europäischen und amerikanischen, nicht aber von afrikanischen und asiatischen Juden ausgeübt.
Wie vor dem Äußersten versucht man, an diesem Tag mit sich und mit der Welt ins Reine zu kommen. Bevor wir erwarten können, daß Gott sich mit uns aussöhnt, müssen wir uns mit den Menschen versöhnt haben. Man ist bemüht, sich bewußt zu werden, wann und inwiefern man im vergangenen Jahr unrecht getan hat und versucht es wiedergutzumachen. Man bittet ab, wen man beleidigt haben könnte, man gibt zurück, was man zu Unrecht sich angeeignet, unbedacht behalten oder versehentlich bekommen hat, man tut das ohne falsche Scham, selbst wenn der andere, der Übervorteilte, nichts davon wußte. Und ist derjenige, den man gekränkt hat, gestorben, so geht man mit Zeugen an sein Grab und bekundet jedenfalls ausdrücklich, daß man sein Unrecht einsieht, bereut und zurücknimmt. Wem aber abgebeten wird, der soll den Abbittenden nicht seinerseits durch Unversöhnlichkeit demütigen, sondern ihm entgegenkommen und verzeihen oder 'er wäre ein harter Mensch und hätte kein jüdisches Herz im Leibe'. [Hirsch, S. 160] Versöhnung heißt nicht vergessen, heißt nicht ungeschehen machen. Die Folgen der Taten sind zwangsläufig und sind zu ertragen. Versöhnung heißt, auf Rache verzichten und den Willen bekunden, trotz allem den weiteren Weg gemeinsam in Partnerschaft gehen zu wollen. Voraussetzung ist das Eingeständnis der Tat, ist Reue und Verhaltensänderung und, soweit möglich, Wiedergutmachung. Bevor die Juden sich mit Gott versöhnen, müssen sie erst ihre zwischenmenschlichen Beziehungen in Ordnung bringen, hier den Frieden wiederherstellen. Erst wenn die Juden das geschafft haben, können sie Entsühnung, das ist die Reinigung von ihren Befleckungen, erhoffen und erbitten, aber nicht erwarten oder gar fordern. Denn nicht Gott, sondern die Juden haben den Bund mit Gott unzählige Male verletzt. So sind Zerknirschung und Bescheidenheit die richtigen Verhaltensweisen um vor Gott zu treten. Und so lassen sich die Gläubigen auf diesem Weg nicht von irgendwelchen Bedürfnissen ablenken (daher das Fasten!). Nach dem Morgengebet geht man auf den Friedhof und teilt Almosen aus. Nachmittags soll man in der Mikwa [Ritualbadeanstalt] ein Tauchbad nehmen, spricht jedoch keine Beracha [Lobspruch]. Nach Mincha [dem Nachmittagsgebet], noch am hellichten Tag, ißt man die letzte Mahlzeit, in der alle schweren Speisen und starken Würzen vermieden werden. Dann beginnt das Fasten von Abend zu Abend.

Der zehnte Tag desselben siebenten Monats ist jedoch der Versöhnungstag; da ist heilige Versammlung für euch; ihr sollt euch fastend kasteien und dem Herrn ein Feueropfer darbringen. An diesem Tag sollt ihr keinerlei Arbeit verrichten, denn der Versöhnungstag soll euch vor dem Herrn, eurem Gotte, Sühne schaffen. Wer immer an eben diesem Tage nicht fastet, soll aus seinem Volk ausgetilgt werden. Jeden, der an diesem Tage irgendeine Arbeit verrichtet, werde ich mitten aus seinem Volk hinwegraffen. Keine Arbeit dürft ihr verrichten! Das ist eine immerwährende Satzung für all eure Geschlechter in all euren Wohnstätten. Ein Sabbat, ein heiliger Ruhetag soll es für euch sein, ihr sollt euch fastend kasteien. Am neunten des Monats -- von diesem Abend bis zum folgenden -- sollt ihr euren Ruhetag beobachten. [Leviticus 23, 27 - 32]

Vorschriften für Jom Kippur

Am Jom Kippur, an dem einst der Sündenbock ausgesendet wurde und im Allerheiligsten der Hohepriester den großen Opferdienst verrichtete, am Jom Kippur, der im Talmud oft geradezu 'Der Tag' genannt wird als der Gipfel und die Vollendung der Seelenerneuerung, als der Tag des Sündenbekenntnisses und der Läuterung als 'das Herz des Jahres' und als 'der Schabbat aller Schabbatot', an diesem Tage sind alle Schabbatvorschriften in Kraft und dazu noch ' von Abend zu Abend' die folgenden:

Jeder Jude, Mann oder Frau, Knaben vom zwölften, Mädchen vom elften Jahre an, mit Ausnahme von Schwerkranken und Wöchnerinnen,

  • darf weder Speise noch Trank zu sich nehmen (komplettes Fasten!)
  • darf kein Leder tragen, auch weder Lederschuhe noch Stiefel anziehen
  • sich weder baden noch waschen, sondern nur die Finger und die Augen netzen
  • sich weder mit Öl noch wohlriechendem Wasser und dergleichen einreiben
  • und sich auch sonst keinen Genuß gönnen
  • keine sexuellen Beziehungen

Religiöse Bedeutung der Gebete

Das Ritual des Festes wird zum größten Teil in der Synagoge vollzogen. An diesem Tag dauert der Gottesdienst ohne Unterbrechung vom Aufbruch des Tages bis zum Aufgang der Sterne. Fastend, unbeschuht, im Totenkleid betet man den ganzen Tag. Der Gottesdienst beginnt mit dem Gebet "Kol Nidre", das vor Sonnenuntergang gelesen wird. Kol Nidre, aramäisch für "Alle Gelübde", ist eine öffentliche Aufhebung aller Gelübde, die im folgenden Jahr eingegangen werden. Die deutsche Übersetzung dieses Gebets lautet: "Alle Gelübde, Verbote, Bannsprüche, Umschreibungen und Nebenbezeichnungen derselben, Strafen und Schwüre, die wir geloben, schwören, als Bann aussprechen, uns als Verbot auferlegen von diesem Versöhnungstage bis zum Glück bringenden nächsten Versöhnungstag: alle bereue ich, alle seien aufgelöst." Nach jüdischer Tradition betrifft dies ausschließlich Verpflichtungen oder Entsagungen, welche die Person des Gelobenden betreffen, nicht aber Versprechen, die einem Nebenmenschen gegenüber eingegangen werden.
Das Morgengebet enthält zahlreiche Litaneien und Bitten um Vergebung, die auf hebräisch Selichot genannt werden.
Gemäß Maimonides "hängt alles davon ab, ob die Verdienste eines Menschen die von ihm begangenen Fehler überwiegen". Nach der jüdischen Lehre ist der Tag nutzlos, solange er nicht von Reue begleitet ist. Das reuevolle Eingeständnis von Sünden war eine Bedingung zur Sühne. "Der Versöhnungstag befreit von Sünden gegen Gott, jedoch von Sünden gegen den Nächsten erst, nachdem die geschädigte Person um Verzeihung gebeten worden ist" [Talmud Joma VIII, 9] Deshalb sind zahlreiche gute Taten vor dem Urteil am Versöhnungstag angebracht. Denn das Urteil (Jahwes Urteil) ist bislang noch nicht besiegelt. Wer von Gott als wertvoll erachtet wird, wird ins Buch des Lebens eingeschrieben, und so wird im Gebet gesagt: "Schreibe uns ins Buch des Lebens ein". Auch begrüßt man sich mit den Worten: "Mögest du (im Buch des Lebens) für ein glückliches Jahr eingeschrieben werden."
Auch nach der Zerstörung des zweiten Tempels im Jahre 70 u.Z. wurde der Versöhnungstag beibehalten. "Auch ohne dargebrachte Opfer bewirkt der Tag an sich Versöhnung" [Midrasch Sifra, Emor, XIV]. . Am Versöhnungstag erhalten auch die Seelen der Toten Vergebung. Im Gebet Jiskor wird in der Synagoge der Verstorbenen gedacht.
Zum Schluß bläst der Schofarbläser einen einzigen langgezogenen Ton (Tekia Gedola). Jom Kippur ist zu Ende. Man spricht nur noch kurz ein werktägliches Abendgebet, legt den Tallit zusammen und zieht Totenkittel aus. Man begrüßt einander mit dem Wunsch: “Gut Jahr“ und geht anschließend eilig und hungrig nach Hause. Allerdings gehört es zu den Mizwot (Geboten), noch am Abend die ersten Vorbereitungen zum Bau des Sukka, der Laubhütte, für das wenige Tage spätere Freudenfest zu treffen.

Der Sündenbock

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Gott ließ mich das Allerheiligste seines Tempels betreten, aber auch dort kam ich nicht zur Ruhe, denn es kam der Feind und brachte mich ins Exil, weil ich anderen Göttern gedient hatte. Er mischte mir vergifteten Wein

Die Griechen rotteten sich gegen mich zusammen, damals zur Zeit der Hasmonäer. Sie durchbrachen die Mauern meiner Türme, sie verunreinigten fast alles Öl.
Aber mit dem Rest der Ölkännchen erlebte die 'Rose' ein Wunder. Deine weisen Kinder ordneten acht Tage für Gesang und Jubel an.

Seder hat-tefillôt, I, S. 201

 

Quellen:
www.payer.de
mündliche Überlieferungen, eigene Erfahrungen (Anita S. Selig, Zaddik-Linie)
Thora (= Altes Testament)

www.wikipedia.de
www.hagalil.de

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